BINDEGEWEBE - FASZIEN

Faszien bilden ein Netz dünnen elastischen Gewebes, das den ganzen Körper umhüllt und verbindet. Muskeln und Knochen werden in diesem Netz räumlich angeordnet und gestützt, ebenso wie alle anderen Elemente, aus denen ein menschlicher Körper besteht. Es sind die Faszien, die dem Menschen seine individuelle Form geben.

Das Fasziennetz unterstützt den Körper, schützt ihn und wirkt wie ein elastischer Stoßdämpfer bei Bewegungen. Eine Faszie ist ein sehr elastisches und anpassungsfähiges Gewebe, das wenn es Druck- und Zugkräften ausgesetzt ist, die Spannung über weite Flächen und in viele verschiedene Richtungen überträgt. Das Bindegewebe schafft innere Brücken – vom Scheitel bis zur Sohle. Es ist ein dreidimensionales Netzwerk, das Muskeln, Organen, Knochen, Gehirn und Nervensystem Halt und Orientierung gibt.

Faszien ermöglichen vor allem auch das Gleiten unterschiedlicher Strukturen aufeinander – wie etwa das Gleiten des Schulterblattes auf tiefer liegenden Schichten des Rückens, während wir den Arm heben. Das Bindegewebe ist ein sehr dynamisches Gewebe, ohne das es weder Fortbewegung noch „innere Bewegung“ des Körpers geben würde.

Andererseits kann die „Formgebung“, die Verbindungs- und Fixierungseigenschaft des Bindegewebes, vor allem der Muskelfaszien für Probleme sorgen. Kommt es nämlich zu starker und einseitiger Beanspruchung einzelner Muskelgruppen, so beginnt sich das umhüllende Bindegewebe zu verstärken. Dieser Vorgang ansich ist noch nichts Negatives, es ist eine notwendige Funktion des Körpers. Allerdings neigt der Körper oft dazu, zu viel des Guten zu tun. In diesem Fall sind die verdickten Fasern weniger elastisch und zwingen den Muskel in ein zu enges Korsett.

Als Folge davon gerät die Muskulatur aus dem Gleichgewicht und das jeweils nächstliegende Gelenk gerät unter einen zu hohen mechanischen Druck. Dies geschieht in den meisten Fällen dann, wenn wir unseren Körper in bewegungsarme Haltungen zwängen oder immer wieder durch einseitige Bewegungsabläufe überlasten. Die stundenlange Tätigkeit vor dem Bildschirm und die daraus resultierende Bewegungsarmut hinterlässt Spuren im Spannungsmuster unserer Muskeln und Faszien.

Eine weitere, ständig wirkende Kraft, die form- und richtungsgebend für unseren Körper und unsere Bewegungen ist und uns von der Geburt bis zu unserem Tod begleitet, ist:

DIE SCHWERKRAFT

Sie ist eine Kraft, die uns auf der Erde, ständig umgibt und für die äußere und innere Form unseres Körpers eine große Rolle spielt. Seit der Mensch auf zwei Beinen durchs Leben geht, ist er ihr in besonderem Maße ausgesetzt. Dieser Umstand wurde, dank Ida Rolf, vermehrt in den Mittelpunkt der Betrachtungen gestellt – der Körper steht zu jeder Zeit in Beziehung zu seiner Umgebung.

Sobald ein Körperabschnitt allzu sehr von der Lotlinie abweicht, muss ein anderer Körperteil in eine ausgleichende Position ausweichen. Tut er dies nicht, würden wir zur Seite, nach vorn oder nach hinten kippen – wir könnten uns unmöglich aufrecht halten.

Deshalb gibt es, beim auf zwei Beinen stehenden Menschen keine Spannung, Bewegungseinschränkung oder Verschiebung die sich nur an einer Stelle bemerkbar macht. Jede Form von Spannung ist in ein Endlossystem von Ausgleichsspannungen verwickelt – was uns zu einem anderen Konzept von Rolfing® bringt:

DAS TENSEGRITY-MODELL

Tensegrity ist ein Konstruktionsprinzip, das auf R. Buckminster Fuller zurückgeht. Der Begriff setzt sich aus den englischen Worten „tension“ und „integrity“ zusammen. Dieses Prinzip kam vor allem in der Architektur zur Anwendung. Elastische Elemente bilden die Verbindung zwischen festen Bauteilen.

Bei einer äußeren Krafteinwirkung reagiert das gesamte System mit einer dynamischen Spannungsverteilung. Die Wechselwirkung von stabilen und elastischen Elementen ermöglicht somit bei einer Belastung eine größere Stabilität. Ida Rolf hat, als eine der Ersten dieses Prinzip auf den menschlichen Organismus übertragen.

Unser Körper kommt einer Tensegrity Struktur ziemlich nahe. Die festen Teile, die Knochen, und die elastischen Teile, die myofaszialen Schichten bilden eine dynamische Kombinaton im Körper des Menschen. Natürlich lässt sich der menschliche Organismus nicht ausschließlich auf eine Tensegrity Struktur reduzieren. Zusätzlich zu diesem dreidimensionalen Netzwerk besitzt unser Körper auch noch mit Flüssigkeiten ausgestattete Gleitflächen sowie Öffnungen, Höhlen und teilweise in sich geschlossene Kammern, die mit Flüssigkeiten gefüllt sind.

Nichts desto trotz lässt sich anhand des Tensegrity-Modells erklären, warum sich mit Faszien- und Membrantechniken ein Körperabschnitt behandeln lässt, ohne dass dieser direkt berührt wird. Da zwischen allen Fasern eine Vernetzung besteht, lassen sich Korrekturen an einer Stelle des Körpers durchführen, die sich in ganz anderen Abschnitten auswirken. Durch die Nutzung dieser Gewebeeigenschaften, der Faszien und der Bänder reicht oft ein relativ geringer Kraftaufwand aus um dauerhafte Resultate zu erzielen.

Die Begriffe Rolfing® und Rolfer™ sind eingetragene Dienstleistungsmarken des Rolf Instituts® für Strukturelle Integration, Boulder/ Colorado, USA.